Wie mein Mosaikbild des Veil-Nebels entstand – eine Nacht unter den Sternen

Veröffentlicht am 3. Juli 2025 um 22:49

Wie mein Mosaikbild des Veil-Nebels entstand – eine Nacht unter den Sternen

Die Astrofotografie ist für mich mehr als nur das Festhalten schöner Himmelsobjekte. Es ist ein Prozess, der Planung, Technik, Geduld und eine gewisse Portion Leidenschaft erfordert. In diesem Beitrag möchte ich dich mitnehmen auf eine meiner bisher spannendsten Nächte: Der Aufnahme eines Mosaikbildes des Veil-Nebels, einem ausgedehnten Supernova-Überrest im Sternbild Schwan.


Von der Idee zum Plan

Wie so oft begann alles mit einer Idee auf dem Handy: Ich wollte den gesamten Schleiernebel – also den östlichen und westlichen Teil sowie Pickering's Triangle – in hoher Auflösung festhalten. Da der Veil-Nebel für den Bildausschnitt meines Teleskops zu groß ist, plante ich ein Mosaik aus vier Einzelbildern, die später zu einem Gesamtbild zusammengesetzt werden sollten.

Mithilfe von Apps wie Stellarium und der ASIAir-App konnte ich das Mosaik-Feld planen, die Aufnahmereihenfolge festlegen und die besten Beobachtungszeiten berechnen. Der optimale Zeitpunkt war eine mondlose Nacht mit klarer Wettervorhersage.


Das Equipment – mobil und durchdacht

Für dieses Projekt habe ich mein bewährtes Astrofoto-Setup verwendet:

  • Teleskop: Celestron RASA 8" (f/2) – besonders lichtstark, ideal für kurz belichtete Deep-Sky-Aufnahmen.

  • Hauptkamera: ZWO ASI 2600MC Pro – gekühlt, hoher Dynamikumfang, ideal für Farbbilder.

  • Ersatzkamera: ZWO ASI 183MC Pro – als Backup, falls ein Kabel fehlt oder es technische Probleme gibt.

  • Montierung: Skywatcher AZ-EQ6 Pro – zuverlässig und präzise.

  • Steuerung & Guiding: ASIAir Plus, ZWO EAF (Fokussierer) und ein Autoguider mit Mini Guide Scope.

  • Zubehör: Stromversorgung (mobile Lithium-Ionen-Batterie), Adapter, USB-Hubs, Lightpanel für Flatframes, diverse Kabel, Werkzeug und Ersatzteile.

Alles wurde sorgfältig ins Auto gepackt – denn wenn man auf einem abgelegenen Parkplatz mitten im Zürcher Oberland steht, kann man nichts mehr holen, was man vergessen hat.


Aufbau unter dem Sternenhimmel

Mein Ziel war ein abgelegener Parkplatz in der Nähe von Saland, fernab von Lichtverschmutzung. Dort konnte ich mein Equipment aufbauen – geschützt, ruhig und mit freiem Blick auf den Himmel.

Der Aufbau verlief Schritt für Schritt:

  1. Montierung grob nach Norden ausgerichtet.

  2. Teleskop aufgesetzt, Kamera angeschlossen und alle Kabel sorgfältig verlegt.

  3. Stromversorgung mit der mobilen Batterie verbunden.

  4. Systembalance geprüft – besonders wichtig bei schwerem Frontaufbau wie beim RASA.

  5. Fokussierung über den elektronischen Fokussierer (EAF).

  6. Polar Alignment mit der ASIAir-App:

    Dabei nimmt die Kamera zwei leicht versetzte Himmelsaufnahmen auf, und die App zeigt an, wie die Azimut- und Höhenschrauben der Montierung eingestellt werden müssen, um die Erdachse exakt zu treffen.

Nach der erfolgreichen Ausrichtung kontrollierte ich das erste Testbild mit 60 Sekunden Belichtungszeit. Die Sterne waren rund, der Fokus saß – und die Vorschau zeigte keine Vignettierung oder Bildfeldverzerrung. Der RASA 8 liefert tatsächlich ein sehr flaches Bildfeld, was bei so großen Mosaikprojekten ein echter Vorteil ist.


Die Aufnahme – vier Teile, ein Ziel

Jetzt konnte ich mit der eigentlichen Aufnahme beginnen. Der Autoguider wurde kalibriert, was notwendig ist, da die Montierung jedes Mal neu aufgebaut wird. Danach steuerte ich mit der ASIAir-App den ersten Mosaikbereich an – der Veil-Nebel wurde auf Anhieb korrekt angefahren.

Ich ließ pro Segment etwa 60 Aufnahmen à 60 Sekunden machen – insgesamt also vier Stunden Belichtungszeit für das gesamte Mosaik. Zwischen den Segmentwechseln kontrollierte ich regelmäßig, ob alles lief – ansonsten verbrachte ich die meiste Zeit im Auto und ruhte mich etwas aus.


Der Morgen danach – Kontrolle & Kalibrierung

Gegen 04:00 Uhr morgens, noch vor Sonnenaufgang, kontrollierte ich die Aufnahmen: Fokus und Guiding waren stabil, keine Feuchtigkeit auf Optik oder Sensor.

Nun folgten die Kalibrierungsbilder, die entscheidend für die spätere Bildqualität sind:

  • Flatframes: Aufnahmen eines gleichmäßig beleuchteten Panels, um Vignettierung und Staub auf dem Sensor zu korrigieren.

  • Darkframes: Ich verwende meist ein separates Darkframe-Archiv auf dem PC – aber wichtig ist, dass Belichtungszeit, Gain, Kühlung und Fokus exakt gleich wie bei den Lightframes sind.

Sind diese Werte nicht identisch, lassen sich die Darks später nicht sauber auf die Lightframes anwenden.


Bildverarbeitung zu Hause – der zweite Teil der Arbeit

Zurück zu Hause begann die Nachbearbeitung. Ich übertrug die Daten vom ASIAir auf den Computer und begann mit dem Stacken der Bilder:

Stacking mit DeepSkyStacker:

  • Flat- und Darkframes zugeordnet

  • Ca. 10 % der Aufnahmen aussortiert (schlechte Guidingwerte, Satellitenspuren, Wackler)

  • Ergebnis: vier sauber gestackte Einzelbilder – je ein Segment des Mosaiks


Bearbeitung in PixInsight – aus vier wird eins

Mit den gestackten Bildern begann die Bildbearbeitung in PixInsight, einer der leistungsstärksten Astrosoftware-Plattformen:

  1. Bilder in richtige Orientierung drehen – da der RASA ein gespiegeltes Bild liefert, funktioniert sonst das Platesolving nicht.

  2. Platesolving & Alignment – die Bilder werden über Astrometrie exakt zueinander ausgerichtet.

  3. Gradienten entfernen & Hintergrund neutralisieren – z. B. mit DynamicBackgroundExtraction.

  4. Cropping – Störkanten und überlappende Bildteile werden entfernt.

  5. Mosaik zusammenfügen – z. B. mit GradientMergeMosaic, das Übergänge glättet.

  6. Rauschreduktion mit NoiseXTerminator – für saubere, glatte Nebelstrukturen.

  7. Detailschärfung mit BlurXTerminator

  8. Sterne entfernen mit StarXTerminator – damit kann ich den Nebel und die Sterne separat bearbeiten.

  9. Nebelbearbeitung – Farben, Kontraste, Struktur mit Histogramm, Curves und Farbmasken angepasst.

  10. Sterne bearbeiten – separat in Größe, Helligkeit und Farbtemperatur optimiert.

  11. Zusammenfügen von Stern- und Nebelbild – als finale Komposition.

Oft nehme ich mir danach noch Zeit für den Feinschliff in Adobe Lightroom, z. B. für kleine Farbkorrekturen oder Vignettierungsanpassungen.


Das Ergebnis – ein Stück Universum in vier Teilen

Am Ende entsteht ein beeindruckendes Bild des Veil-Nebels – mit fein sichtbaren Filamenten, weichen Übergängen und natürlichen Farben. Es ist das Produkt aus:

  • Stundenlanger Vorbereitung

  • Präziser Technik

  • Viel Geduld

  • Und echter Freude an der Astronomie

Ich veröffentliche die Bilder anschließend auf meinen Social Media Kanälen und in meinem Webshop, wo sie als Drucke erhältlich sind.


Fazit – Mehr als nur ein Bild

Die Aufnahme des Veil-Nebels als Mosaik war für mich ein echtes Herzensprojekt. Es zeigt, wie tief Astrofotografie geht: Sie endet nicht bei der Kamera, sondern reicht bis in die Software, den Workflow – und die Begeisterung für den Nachthimmel.

Wenn du Fragen zu meiner Ausrüstung, zu PixInsight oder zur Erstellung von Mosaiken hast – schreib mir gerne!
Und bis dahin: Clear Skies und viele schöne Nächte!

Ein Teil des Veil Nebels: The Eastern Veil Nebula

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